Vom „Glück, das mir verblieb“

 

Wiederentdeckter Ausnahmekünstler: Erich Wolfgang Korngold | Foto: Wienbibliothek im Rathaus, Tagblattarchiv

 
 
 

In Listen der eindrucksvollsten Opernarien sucht man es vergebens – und doch gehört „Mariettas Lied“ zweifellos dazu. Die hochemotionale, als Duett konzipierte Arie mit den sanft aufschwingenden Kantilenen bildet eine Schlüsselszene der Oper „Die tote Stadt“ von Erich Wolfgang Korngold (1897–1957). Gerade mal 23 Jahre jung war der im tschechischen Brünn geborene Wiener Komponist, als sein Geniestreich am 4. Dezember 1920 in Hamburg und Köln uraufgeführt wurde und rasch zum Welterfolg avancierte.

Die Geschichte nach einem literarischen Vorbild von Georges Rodenbach spielt in der morbiden Stadt Brügge zur Jahrhundertwende: Gefangen von Trauer um seine verstorbene Frau Marie, fristet der Witwer Paul ein unglückseliges Dasein. Da begegnet er der Tänzerin Marietta, in der er Marie wiederzuerkennen glaubt. Zwischen Illusion und Wirklichkeit, Trauer und Glück, Hoffnung und Verzweiflung entfesselt sich ein Konflikt, der in einem dramatischen Ende gipfelt …

Die Werke von Korngold, der ab 1938 im amerikanischen Exil lebte und sich vor allem der Filmmusik zuwandte, gerieten hierzulande über Jahrzehnte weitgehend in Vergessenheit. Erst seit einiger Zeit hört man seine Musik wieder vermehrt – genau am heutigen 15. Januar zum Beispiel wird „Die tote Stadt“ im Staatstheater Meiningen aufgeführt. Und so sind auch wir mehr oder weniger durch eine zufällige klangliche Begegnung auf den beeindruckenden Komponisten aufmerksam geworden: Im Herbst letzten Jahres hörten wir „Mariettas Lied“ als Orchesterbearbeitung im Radio, starteten eine Recherche und bestellten die Noten. Joachim Fockenbrock arrangierte eine dreistimmige Chorfassung mit Soloteil in F-Dur. Anfang des neuen Jahres haben wir mit den Proben und dem Einstudieren der Klavierbegleitung begonnen. Die Vorfreude auf unsere Konzerte wächst – denn da wird unser Publikum erstmals in den Genuss dieses berührenden Gesangsstücks kommen.

„Mariettas Lied“ aus der Oper „Die tote Stadt“

Musik: Erich Wolfgang Korngold
Libretto: Paul Schott

Glück, das mir verblieb
Rück zu mir, mein treues Lieb
Abend sinkt im Hag
Bist mir Licht und Tag
Bange pochet Herz an Herz
Hoffnung schwingt sich himmelwärts

Wie wahr, ein traurig Lied
Das Lied vom treuen Lieb
Das sterben muss

Ich kenne das Lied
Ich hört es oft in jungen
In schöneren Tagen
Es hat noch eine Strophe
Weiß ich sie noch?

Naht auch Sorge trüb
Rück zu mir, mein treues Lieb
Neig dein blass Gesicht
Sterben trennt uns nicht
Musst du einmal von mir gehn
Glaub, es gibt ein Auferstehn

 
LiederKatja Furthmann